Geschrieben von Ryan am 06.02.2011, 14:34:
Zitat: Ich habe schon vor Jahren Berichte im Fernsehen gesehen, nach denen die ägyptischen Pyramiden nicht von Sklaven erbaut wurden und laut Wikipedia stützen die meisten Wissenschaftler diese Theorie. Ich dachte eigentlich, mittlerweile hätte das jeder mitbekommen.
Ja. Was du da leider nicht mitbekommen zu haben scheinst, ist was damit gemeint ist, bzw. was bedeutet das. Sonst hättest du meinen Satz richtig eingeordnet:
Zitat: Ich benutze dann den Ausdruck "Sklave" aus Sicht der Moderne und nicht im Sinne der Rechtsordnung in der Antike.
Weil - diese Theorie sollte nicht aussagen, dass wir ein falsches Bild der ägyptischen Gesellschaft hatten und die äußerst humanistisch waren. Sondern den Historikern geht es darum, gegen dieses Bild, was z.B. in Filmen gezeigt wird, einen Kontrapunkt zu setzen.
Das klassische Bild was "man" hat ist: 20.000 Leuten in Lendenschurz und Fußketten schieben Steine im weißen Sand.
Es gibt da ein paar praktische Fragen die aufkommen.
Wie z.B. - woher weiß jetzt so ein eingefangener jüdischer Krieger (meißten Sklaven kommen durch Krieg) was vom Steinmetzen - oder Feld bestellen. - Der Typ ist ein ausgebildeter Soldat. - Der Aufwand den jetzt am Steinekloppen zu halten - der kommt dem gleich was wir heute in Gefängnissen haben.
Also Kriegsgefangene aus Hochkulturen - die sind nicht so einfach zu "versklaven". Das funktioniert in der Regel nur dann wenn eine zivilisatorische Diskrepanz besteht.
Die Römer haben sich z.B. später die Zähne an germanischen Sklaven ausgebrochen - DENNOCH - hatten sie diese.
Gibt also ein gutes Argument, dass es sich hierbei um regierungsbedingte "Großbau-Projekte" gehandelt hat (das ist das worauf du dich beziehst), die halt die Bevölkerung aus dem Land angezogen hat.
Die Mesopotamier haben Pyramiden gebaut, die Atzteken , die Maya etc. etc. etc. - man braucht also keine Sklaven um Pyramiden zu bauen.
Es ist nicht unabdingbar miteinander verbunden, dennoch haben gerade diese ganzen Nationen/Kulturen einen hohen Anteil Sklaverei fest mit ihrem System verbunden.
Naive Frage: Die haben also nur zugeguckt, wenn die Bevölkerung denen mal vorgearbeitet hat?
Und diese Frage hat sich bislang noch keiner der Herrn Professoren und Doktoren gestellt?
Mit 100% Wahrscheinlichkeit haben sich diese Herrn auch diese Frage gestellt und daher ist das sehr differenziert zu verstehen.
Und darauf bezog sich auch mein Satz von oben:
Zitat: Ich benutze dann den Ausdruck "Sklave" aus Sicht der Moderne und nicht im Sinne der Rechtsordnung in der Antike.
In all diesen Hochkulturen - möchte gerade hier - da ihr alle aus diesem mitteleuropäischen, germanisch geprägten Kulturraum kommt - KEINER der Typ sein, der vom Land gelaufen kommt um ein Bauwerk zu entrichten.
Wenn wir zurück in die Zeit gingen und wir jetzt hier in Gizeh ständen und für Herrn Pharao (der Gott-Kaiser wäre) eine Pyramide bauen sollten - dann geht hier 10 Mann innerlich die Galle hoch. Das wird nur gerechtfertigt durch das Argument: Naja, ich muss halt von was leben. Steinekloppen ist mein Beruf. Hier gibt es Arbeit.
<- Das ist so rebellisch gegen das eigentliche System, wie diese Kulturform funktioniert, dass sie überhaupt nicht funktionieren würde. Deswegen haben wir sie auch hier nicht, genau so wenig in Nordamerika und Teilen von Asien. Es ist kein Wunder, dass es nur da solche Monumental-Bauten, Städte etc. gibt wo man ein gewisses Staatsgefüge hat. Und es wäre absolut idiotisch zu glauben, dass nur weil ein Mensch (jetzt z.B.) Ägypter ist - der damit eine andere DNA hat - und sich aus diesem Grund für solche totalitären Systeme besser eigne.
Das heißt: Nimmst du den Ägypter von 20.000. v.Chr. und haust ihn nach Sachsen. - Dann wird der als Sachse großwerden. Der wird vielleicht anders aussehen, aber dann ist das schon alles und um so weniger dass er weiß, das er Ägypter ist - um so weniger wird er sich als einer verstehen. Wenn er es gar nicht weiß - gibt es keinen Unterschied zwischen ihm und Noxx.
Das heißt - das ist der Punkt - diese Menschen, ganz egal von welcher Kultur wir sprechen, die solche Bauwerke in den Himmel hob (das ist ziemlich durchgehend) - die haben eine komplett andere Denkweise und Lebenseinstellung durch ihrer Kultur, die ist - aus modernen humanistischen Gesichtspunkten - freiwilliges oder faktisches Sklaventum. (Heißt dann nur anders - die untersten Klassen der Inder HEUTE 2011 - leben auf dem Land nicht anders - Rechte = Null - in der Theorie: Joa. - Ist ja eine Republik. Praktisch = Nö. Und wir sind 2011)
"Unfrei", Sklave - und was damit gemeint ist in der Antike - hat damit teilweise wenig zu tun - ist aber unter dem Strich genau dasselbe. Man kann es auch so sagen:
Wenn Frau Merkel morgen aufriefe das Merkel-Monument in Nordbayern zu bauen und jedes Gemeinde soll dafür 30 Jungs abstellen - dann ist das Geschrei groß.
In solchen Kulturen - ist das überhaupt keine große Sache und dort wo das eine "größere" Sache gewesen wäre (das erleben wir heute immer noch in der zweiten und vor allem dritten Welt) - dann nehm ich mir einfach die 30 Mann aus deiner Gemeinde und das interessiert die Nachbargemeinde und niemanden in deinem gesamten Land. Ob ich dich da jetzt: Freiwillige Hilfskraft, oder Sklave oder ich kann dich auch Fürst nennen - ist relativ egal in der faktischen Auswirkung.
Was du bist ist ein Sklave. Denn Karl-Otto kann dir den Kopf abschlagen, wann immer er es für richtig hält und du musst das tun was Karl-Otto von dir verlangt.
Das heißt: Nur weil man davon ausgeht, dass da jetzt nicht 20.000 Menschen aus anderen Ländern/Nationen in Fußketten die Steine geschleppt haben - heißt das noch lange nicht - dass man das 1:1 mit einer Großbaustelle in Mitteleuropa vergleichen kann, wo Baufirmen verschiedene Tätigkeiten ausführen.
Das mag in der romantischen Vorstellung des ein oder anderen Ägypten-Fans funktionieren, nur in der Praxis gesprochen, muss man wissen, dass gerade die Ägypter sich wie west-europäische Kolonial-Nationen auf ihrem Kontinent gebärdet haben und einen hohen Anteil Sklaven hatten und die haben die mit Sicherheit (so wie jede andere Nation durch alle Jahrtausende) nicht in Watte gepackt. Alle untersten Klassen - und da können wir einmal um den Globus gehen - das waren keine Menschen, die halt ein bisschen ökonomisches Pech hatten und deswegen arm waren. Die entstanden maßgeblich durch "Sklaven" und auch im Antiken-Sinnverstand. Und so würde sich auch da - die Katze in den Schwanz beißen.
Soviel zum Sklaventum in Ägypten und was damit gemeint ist, wenn da irgendein Ägyptologe sagt: Die Pyramiden wurden eventuell nicht (nur) von Sklaven erbaut.
Denn ansonsten noch mal die naive Frage:
Und die Sklaven die sie hatten, hatten dann frei?
Und die Unterschichten die aus Sklaven entstanden auch?
Und die Handwerks-Schichten die Sklaven hatten, habe ihre Arbeiter zu Hause gelassen?
Dann müssen denen aber viele Leute abgehauen sein, wenn die so ne Pyramide irgendwo hingesetzt haben.
Vielleicht haben sie deswegen auch so viele gebraucht.
Das hat wahrscheinlich gar nix mit der geringen Lebenserwartung zu tun gehabt, sondern weil alle 50 Jahre denen die halbe Unterschicht abhanden gekommen ist.
Beziehungsweise wenn nicht, ist das Gegenargument: Weil natürlich jeder Mensch sagt: Ein bisschen mehr Zivilisation ist besser als weniger?
Frag ich mich ernsthaft warum die restlichen afrikanischen Sklaven dann so problematisch waren und bis heute nicht dankbar auf den Knien rutschen, dafür dass sie jetzt über den ganzen Globus verteilt sind.
<- Ich meine das scherzhaft und nicht sarkastisch, weil ich nicht davon ausgehe, dass jemand sowas ernsthaft denken kann.
Gruß
Ryan
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